Buddhismus

 

 

Buddha

Buddha (religiöse Ehrenbezeichnung: "der Erleuchtete") ist die Gründergestalt des Buddhismus. Die Lebensdaten des als Siddharta Gautama in einer wohlhabenden nordindischen Fürstenfamilie Geborenen sind historisch schwer fassbar: ca. 560 bis 480 vor unserer Zeitrechnung (vielleicht aber auch 100 Jahre später). Die Lehren des Buddha bilden die Grundlage des Buddhismus. Im

 

 

Der Buddhismus von Dagmar Doko Waskönig, Hannover

 

Der  Buddha:
Was heute Buddhismus genannt und zu den Weltreligionen gezählt wird, geht auf das Wirken des Buddha Shakyamuni (=der Erwachte, der Weise aus dem Stamm der Shakyas) zurück, der vor etwa Zweieinhalbtausend Jahren im nordöstlichen Indien lebte. Sein Geburtsort Lumbini liegt heute jenseits der nepalesischen Grenze. In Kapilavatthu wuchs er als Sohn des Fürsten einer kleinen Republik auf. Sein Name war Siddhattha (Pali; Sanskrit: Siddhartha), Gotama (Sanskrit: Gautama) gilt als sein Familienname.

Der privilegierte Lebensweg, die luxuriösen Annehmlichkeiten seiner Umgebung, ja nicht einmal die eigene Familie konnten dem jungen Prinzen auf Dauer Zufriedenheit geben. Offenbar bedrängten ihn die Grundfragen des menschlichen Daseins – die Probleme des Krankwerdens, Alterns und Sterbens – in solchem Maße, das er im Alter von 29 Jahren einen radikalen Schnitt vollzog. Um sich mit völliger Konsequenz der Suche nach einer Befreiung von jener fundamentalen Unbeständigkeit und allem Ungenügen des menschlichen Lebens widmen zu können, verließ er seinen angestammten Platz in der Gesellschaft und Familie.

Wie viele seiner Zeitgenossen, die gleich ihm von der etablierten Opfer-Religion des Brahmanismus keine gültigen Antworten erwarteten, wählte er das Leben eines Asketen, schor sich Haupthaar und Bart und legte die dazu üblichen gelbbraunen Gewänder an. Zunächst studierte und übte er bei einigen bekannten Lehrern yogische und meditative Praktiken. Sein Erfolg in diesen Dingen täuschte ihn nicht darüber, dass das Ziel des vollkommen befreienden inneren Friedens – Nibbana (Pali; Sanskrit: Nirvana) – noch keinesfalls erreicht war. Auch die nachfolgenden Mühen in Form extremer Selbstpeinigungen, wie sie indische Yogis erprobten, endeten mit der Einsicht, dass auch auf diese Weise das Ziel nicht zu erringen sei.

Doch an diesem Wendepunkt seines Weges scheint er gewusst zu haben, was nun zu tun war. Mit Hilfe systematischer Meditation erlangte er  unter einem Baum sitzend schon bald darauf das Große Erwachen, die vollkommene Erleuchtung. Mit 35 Jahren hatte er Nibbana verwirklicht und war zu einem Buddha geworden. Dieser Ort – heute Bodh-Gaya – gilt den Buddhisten als der am höchsten verehrte Pilgerort.

Bald darauf legte er seinen ehemaligen fünf Übungsgefährten seine Lehre dar. Diese erste Predigt im Wildpark von Sarnath bei Benares enthält bereits jenen Kern der Buddhalehre, nämlich die Vier Edlen Wahrheiten, die gemeinsame Basis aller späteren buddhistischen Traditionen (s. u.).

Fünfundvierzig Jahre oder länger legte Buddha im folgenden Menschen aus allen Schichten seine Lehre dar, oft in Form eines Gesprächs, dessen logisch aufbauende Argumentationsschritte die Gesprächspartner mit vollzogen. Ein Lehrstil, der nicht auf Überredung oder Verbreitung von Dogmen zielte, sondern bestrebt war, die Einsichtsfähigkeit der Suchenden zu entwickeln. - Diese Art der Lehrvermittlung hat in den nachfolgenden Jahrhunderten ein aggressives und indoktrinierendes Missionieren verhindert – ein heute im Westen besonders geschätztes Element des Buddhismus.

Der Buddha gründete einen Mönchs-Orden und nach einigem Zögern auch einen Nonnen-Orden. Dies verdient besonders hervorgehoben zu werden, denn dadurch wurde den Frauen erstmalig der Zugang zu vollgültiger religiöser Praxis ermöglicht. Der Buddha bestätigte ausdrücklich, dass auch Frauen das befreiende Ziel erlangen können: den Zustand des Arahat (Sanskrit: Arhat). Erstarkende patriarchalische Bedingungen haben in den folgenden Jahrtausenden in Asien dieses Element freilich abgeschwächt. Doch bieten die Aussagen des Buddha insbesondere seit dem letzten Jahrhundert den Anknüpfungspunkt für emanzipatorische Bemühungen, namentlich im Westen, wo ein selbstbewussteres Auftreten der Frauen selbstverständlich geworden sind.

 

Die Buddha-Lehre:
Der Kern der Lehre (Pali: Dhamma, Sanskrit: Dharma) wird in den Vier Edlen Wahrheiten knapp zusammengefasst..

Das menschliche Dasein ist als leidhaft zu erkennen, bedingt durch seine Endlichkeit und die bekannten Formen des Ungenügens im geistigen und emotionalen Erleben. Freilich ist nicht zu leugnen, dass auch Wohlbefinden und Glück erfahren werden können. Da dies jedoch weder dauerhaft möglich noch von den Wesen wunschgemäß gesteuert werden kann, gilt es in tieferem Sinne ebenfalls als leidhaft. Dennoch kann der alte Vorwurf, der Buddhismus sei pessimistisch, nicht zutreffen, denn er versteht sich als realistisch analysierend und bietet zudem einen Leid überwindenden, erlösenden Weg an.

Die Ursache des Leidens liegt in einer Tendenz des Geistes, der Sinne, die der Buddha „Durst“ nannte: das Begehren nach Sinnesbefriedigung, nach Wiedergeburt oder Vernichtung.

Erlischt die Ursache, hat auch das Leiden ein Ende, und der Geist erlangt den vollkommenen Frieden. Dieses subtilste Glück des zur Ruhe Kommens ist erst möglich, wenn die Anhaftungen an die Sinnesbefriedigungen und der Wunsch nach Wiedergeburt erloschen sind.

Die Methode, um dies zu erreichen, ist der Achtteilige Pfad, dessen acht Elemente auch zu drei Gruppen zusammengefasst werden können. Sie betreffen die Bereiche der Weisheit, der Ethik und der Sammlung, also der meditativen Geistesschulung.

Auf dem Übungsweg gilt es, mit Hilfe zunehmender Einsicht und meditativer Schulung das Konflikte erzeugende Wirken der drei Geistesgifte – Gier, Hass und Verblendung – im eigenen Geist und Verhalten zu erkennen, nach und nach aufzulösen und gegenteilige heilsame Qualitäten hervortreten zu lassen: vor allem Gelassenheit, Nicht-Anhaftung, Güte und Klarsicht. Ferner ist die Lehre von Karma und Wiedergeburt zu durchschauen. Diesem Kausalitätsgesetz zufolge setzen wir durch absichtsvolles Denken, Reden und Handeln die Ursachen, die früher oder später auf uns zurückwirken und das Maß des Wohlbefindens bzw. des Leidens bestimmen – ein universelles Gerechtigkeitsprinzip ohne die Instanz eines Richters. Der von den Geistesgiften gereinigte Geist vermag gespeichertes Karma aufzulösen und schafft kein neues Karma mehr.

In den Jahrhunderten vor und nach unserer Zeitrechnung entwickelte sich das sogenannte Große Fahrzeug (Mahayana). Dessen Anhänger bezeichneten die vorhandenen älteren Schulrichtungen abwertend als Kleines Fahrzeug (Hinayana), eine Wertung, die heute auf der Basis eines genaueren Prüfens nicht weiter pointiert werden sollte.

Das Mahayana brachte – verkürzt dargestellt – vor allem Änderungen in der Auffassung des Buddha sowie des Übungsweges. Der Weg des Bodhisattva soll nun bis zur Buddhaschaft führen. Der Bodhisattva (hier: das nach Erleuchtung strebende Wesen) beabsichtigt, das Erlangen von Mitgefühl und Weisheit ins Zentrum aller Bemühungen zu stellen und möchte so lange wiedergeboren werden, als noch leidenden Wesen geholfen werden kann.

Schulrichtungen:
Unter den zahlreichen Schulen oder Traditionen, die sich in verschiedenen Bereichen Asiens entwickelten, sind vier hervorzuheben, die allesamt heute in Deutschland vertreten sind. Vom sogenannten Kleinen Fahrzeug existiert seit langem nur noch eine Schule, der Theravada. Die übrigen drei Schulen gehören zum Mahayana.

Theravada (Pali: die Lehre der Ältesten):
Die Textbasis bildet hier der älteste Kanon mit den Lehrreden des Buddha, der Ordenszucht und Philosophie, der sogenannte Pali-Kanon. Er wurde im 1.Jahrhundert v.u.Z. in Sri Lanka schriftlich fixiert. Die Betonung liegt hier auf der Befreiung des einzelnen aus eigener Kraft entsprechend dem Übungsweg des achtteiligen Pfades (s.o.) bis zum Arahat (Sanskrit: Arhat). Die unheilsamen Geistesregungen werden in vier Schritten überwunden, und die sieben Erleuchtungsglieder – darunter Achtsamkeit, Lehrergründung und Gleichmut –sind zu  entfalten. Der oder die vollkommen Heilige (Arahat) hat schon in diesem Leben die Erlösung erreicht und wird nicht mehr wiedergeboren. Besonders anziehend wirken hier im Westen die Betonung der Eigenverantwortung, der eigenen Erfahrung sowie die klare und pragmatische Lehrdarlegung durch den Buddha. Der Theravada existiert in Asien heute in Birma, Thailand, Sri Lanka, Laos, Kambodscha und Teilen Vietnams.

Zen-Buddhismus:
Das japanische Wort „Zen“ ist eine Übertragung des chinesischen Begriffes „Chan“. Dieser geht seinerseits auf die Sanskrit-Bezeichnung „Dhyana“ zurück, die „Zustand meditativer Versenkung“ bedeutet. In China wurde eine buddhistische Praxis als „Chan“ bezeichnet, die die schweigende Sitzmeditation ins Zentrum des Übens stellte. Als ihr Begründer gilt der Mönch Bodhidharma, der im 6. Jh. aus Indien ins Land kam. Charakteristisch für die Chan-Tradition wurde ferner eine betont alltagspraktische Ausrichtung des Übens, wobei körperliches Arbeiten als Teil der spirituellen Übung aufgefasst wird. Dieses erst in China markant hervortretende Profil entwickelte sich wohl im Gegenzug zur verbreiteten Gelehrsamkeit, die sich in anderen chinesischen Schulen entwickelt hatte.

In Japan sind drei Zen-Schulen verbreitet: die Soto- und die Rinzai-Tradition sowie die kleine Obaku-Richtung, die dem Rinzai nahe steht. Wesentliche Elemente des Übens, wie es in den Westen übertragen wurde, sind Zazen – Sitzen in Konzentration – und die Alltagspraxis. Die Bodhisattva-Motivation, eine von tiefem Respekt für alle Lebewesen, aber auch für die notwendigen Dinge geprägte Haltung sowie ein zentypisches körperbewusstes, energetisches Agieren bestimmen die gesteigerte Präsenz der Übenden im Hier und Jetzt. In der Rinzai-Tradition wird außerdem die Koan-Schulung vermittelt als eine spezielle Methode zur Überwindung des logisch-begrifflichen Denkens und der Selbstzentriertheit, um die es im Zen generell geht. - Zen findet sich gegenwärtig in Asien in Japan, Korea, China, Taiwan und Vietnam. In einigen Ländern gingen Methoden der Reines-Land-Tradition in den Zen mit ein.

3 Tibetischer Buddhismus:
Der Tibetische Buddhismus stützt sich auf eine eigene Textbasis, den Kangyur und Tengyur. Ersterer enthält neben Texten, die denen des Pali-Kanons entsprechen, vor allem Mahayana-Sutras und Tantra-Texte. Der Tengyur versammelt die Kommentare und Abhandlungen der altindischen Mahayana-Meister.

Dem Bodhisattva-Ideal entsprechend wird ein systematisch in Blöcken aufgebauter Stufenweg von Übungen gelehrt, der in der Gelug-Tradition Lamrim genannt wird. Die Entfaltung von Bodhicitta, das Streben nach großem Mitgefühl und nach Erleuchtung, sowie die Wiedergeburtenlehre stehen hier im Zentrum. Der tibetische Buddhismus verfügt überdies über eine ausgefeilte Philosophie.

Eine Besonderheit innerhalb des Buddhismus ist die Tantra-Praxis (auch Vajrayana=Diamantfahrzeug), die in Einweihungen vermittelt wird. Dem Lehrer kommt dabei besondere Bedeutung zu. Mit den Methoden der Visualisierung, Mantra-Rezitation, der Mudras (Handgesten) und yogischen Arbeit mit feinstofflichen, innerkörperlichen Kanälen soll hier der Weg der Transformation beschleunigt werden. Tantra-Praxis wurde aus dem Hinduismus assimiliert und mit Elementen der tibetischen Bön-Religion vermischt.

Die vier Hauptschulen sind: Nyingma, Kagyü, Sakya und Gelugpa. Der bekannteste tibetische Lehrer ist der Dalai Lama, der zur Zeit im indischen Exil in Dharamsala lebt und weltweit tätig ist. Im alten Tibet war er zugleich das weltliche Oberhaupt des Landes.

 

4. Reines-Land-Schulen:
Diese in ganz Ostasien und in Vietnam weit verbreitete und zahlenmäßig größte Mahayana-Richtung stellt den Buddha Amida ins Zentrum der Lehre. Die Anhänger dieser Schulen streben danach, nach dem Tode in das Reine Land jenes Buddha aufgenommen und von dort aus direkt ins Nirvana zu gelangen. Die meditative Praxis ist hier in erster Linie eine Hingabeübung in Form von Rezitationen.

Buddhismus in Deutschland:
Nach ersten Anfängen der Rezeption der Buddha-Lehre in der Mitte des 19.Jhs. – der Philosoph Schopenhauer bezeichnete sich hier als
der „erste Buddhaist“ – kam es seit Anfang des 20. Jhs. zu einer verstärkten Aufnahme der Lehre. 1903 wurde in Leipzig die erste Organisation gegründet. In den letzten drei Jahrzehnten wuchs die Zahl der Anhänger dieses Weges sowie die Sympathie dafür in der Bevölkerung in bemerkenswerter Weise an. Zahlreiche Organisationen und Zentren wurden seither gegründet.

Ein Novum in der Geschichte des Buddhismus ist der Umstand, dass hier – wie in anderen europäischen Ländern sowie in den USA – erstmals alle wichtigen buddhistischen Traditionen zusammen vertreten sind – eine spannende historische Plattform mit der Möglichkeit eines inspirierenden Austausches. Eine große Bandbreite von Orientierungen – von traditionell angebundenen bis hin zu westlichen Neugründungen – ist hier zu finden. Dem Dachverband „Deutsche Buddhistische Union“ (DBU), dessen Geschäftsstelle in München zu finden ist, gehören sowohl Gruppen als auch Einzelmitglieder an.